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Die Transformation der Energiewelt gestalten

Energiewende, Energiemärkte, Wärmeversorgung und Verkehrswende – auf die WVV kommen große Herausforderungen zu. Dörte Schulte-Derne verstärkt deshalb seit Januar als Geschäftsführerin der WVV und als Vorständin der Stadtwerke Würzburg die Führungsriege des Konzerns. Im Interview zieht sie eine erste Bilanz und schaut in die Zukunft – auch in puncto Geschäftskunden.

Frau Dörte Schulte-Derne, Sie sind seit beinahe 150 Tagen Vorständin der Stadtwerke Würzburg und WVV-Geschäftsführerin. Welche Themen stehen bei Ihnen aktuell ganz oben auf der Agenda?

In meinen Bereich fallen zu meiner Freude ganz verschiedene Themen. Doch die allergrößte Überschrift meiner Agenda ist die Frage, wie wir noch schneller das Thema Nachhaltigkeit in unserem Unternehmen und unseren Produkten verankern können. Das hat den größten Stellenwert und übertrumpft andere große Herausforderungen wie die Personalrekrutierung noch deutlich. Mein Hauptaugenmerk liegt auf der Frage, wie wir die Energiewende wirtschaftlich vernünftig und ökologisch klug angehen können, um sehr gute Lösungen für unsere Kunden bereitzustellen. 

Vorständin der STW AG, Dörte Schulte-Derne. Foto: WVV.

Sie setzen bewusst den Schwerpunkt auf die Energiewende?

Ich setze hier den Schwerpunkt, weil ich als Vorständin dieses Feld verantworte. Als Geschäftsführerin schaue ich außerdem gemeinsam mit den Kollegen auf sämtliche Unternehmensbereiche. Und wir sind uns sicher, dass nachhaltiges Arbeiten und eine CO2-Reduzierung in all unserem Tun und Handeln in allen Sparten einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren sein wird.

Sie wechselten zum Jahresanfang aus dem Rhein-Main-Gebiet nach Würzburg zur WVV. Was hat Sie besonders an den Aufgaben bei der WVV gereizt?

Für mich ist die WVV ein enorm attraktiver Arbeitgeber, weil ich hier mit sehr vielen erfahrenen Kolleginnen und Kollegen die Chance habe, Themen zu entwickeln und voranzutreiben. Ich habe ein Unternehmen kennengelernt, das eine extrem solide Grundlage bietet und bereits Erfolge aufweisen kann. 

"Wir haben hier die Gelegenheit, die komplette Transformation der Energiewelt zu gestalten."

Vorständin der STW AG, Dörte Schulte-Derne

…was verstehen Sie genau darunter?

Die anstehende Transformation umfasst die Energiewende, die Wärmewende und die Verkehrswende. Parallel dazu außerdem die komplette Digitalisierung. Ich sehe darin wirklich wesentliche Hebel, wie wir effizienter und einfacher arbeiten können, indem wir etwa Robotics oder auch kleinere KI-Lösungen erproben. Gerade sind wir beispielsweise dabei, mit digitalen Zwillingen für Netze zu arbeiten, um Kundenanfragen demnächst leichter zu beantworten. Wir führen ja sogenannte Netzverträglichkeitsprüfungen durch, damit neue Anlagen auch errichtet werden können. Wir setzen große Hoffnungen darauf, dass die Digitalisierung uns und unseren Kunden hier zu schnelleren Antworten verhilft.

Haben Sie – nach der zugegeben erst recht kurzen Zeit – bereits eine Vision für die künftige Entwicklung des Konzerns?

Ich habe zumindest schon eine klare Zielstellung für mich. Wir leben gerade in einer Zeit, in der sich Rahmenbedingungen rasend schnell verändern.

Die entscheidende Frage für uns wird sein: Wie schaffen wir es gemeinsam, das Unternehmen noch erfolgreicher zu machen als bisher? Wie gelingt es uns gleichzeitig, für unsere Kunden gut bepreiste Lösungen zu finden und wie sind wir außerdem ein attraktiver Arbeitgeber?

Für mich ist zentral, dass wir die Transformation gut in den Griff bekommen, wenn es um die Energie-, Wärme- und Verkehrswende geht, und gleichzeitig ist das Thema „attraktiver Arbeitgeber“ ein Feld, um das ich mich von Herzen gern kümmere, auch wenn es formal im Geschäftsbereich meines Kollegen liegt. Da sind wir uns aber sehr einig. Und auf einem guten Weg.

Seit drei Jahren halten uns erst die Corona-Pandemie und dann die Energiekrise in Atem. Wie schätzen Sie die aktuelle Lage ein? Können wir langsam aufatmen?

Ich halte die Corona-Pandemie für vorläufig überwunden, die Energiekrise ist es noch nicht. Wir sind nach wie vor in einer Situation, in der wir sehr genau hinschauen, wie wir eine sichere Versorgung der Bevölkerung gewährleisten. Und das ist neben Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit dauerhaft eine unserer wesentlichen Aufgaben als Energieversorger. Ich bin sehr gespannt auf den nächsten Winter. Und hoffe, dass wir künftig in eine mehr vernunftgeleitete Diskussion hineingehen, als es in den vergangenen Wochen der Fall war. 

Aktuell warten ja längst neue Herausforderungen, hervorgerufen durch aktuelle Gesetzgebungen zur energetischen Sanierung oder die Frage, wie die richtige Heizungstechnik künftig aussehen soll. Hier gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren und zugleich die Antworten an die Kundinnen und Kunden nicht auf die lange Bank zu schieben. Das ist derzeit ein schwieriger Balanceakt für uns. 

Zu Ihrem Verantwortungsbereich gehört der Geschäftskundenvertrieb. Wie sehen Sie die Stadtwerke in diesem Bereich aufgestellt – auch und gerade nach den Herausforderungen der Energiekrise?

Wir bringen hier eine sehr gesunde Basis mit. Denn wir haben in den vergangenen Monaten viele Lieferverträge dazugewonnen. Offensichtlich bieten wir ein Portfolio, das die unterschiedlichen Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden deckt. Besonders wichtig für die Geschäftskunden ist außerdem, dass wir weiterhin Lösungen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien entwickeln. Dafür müssen wir die Einbindung der Handwerksbetriebe priorisieren, sodass unsere Kundinnen und Kunden einen spürbaren Mehrwert davon haben, wenn sie mit uns zusammenarbeiten. 

Die Stadtwerke agieren im deutschlandweiten Geschäftskundenvertrieb sehr erfolgreich. Wie geht es in diesem Bereich weiter?

Hoffentlich noch erfolgreicher. Wir wenden derzeit viel Kraft und Zeit auf, um den Kontakt zu unseren Kundinnen und Kunden zu halten. Wir möchten gemeinsam klären, wie wir unsere Zusammenarbeit noch verbessern können. Hier hoffe ich sehr, dass wir uns besonders im Backoffice stärker digital aufstellen, um noch mehr Zeit für Gespräche und Lösungssuchen zu gewinnen. Denn die ganze Transformation betrifft ja unsere großen Kundinnen und Kunden genauso. Es ist entscheidend, hier im Dialog zu stehen.

... war das auch bislang das Geheimnis Ihres Erfolgs?

Eines der Geheimnisse ist wirklich, auf Augenhöhe mit den Kundinnen und Kunden zu sprechen und sich die Zeit zu nehmen, zuzuhören und nicht von oben herab als Anzugträger zu denken. Wir wollen nicht annehmen, dass wir die Probleme und die Lösung sowieso schon kennen, um  dann den Kundinnen und Kunden einen Standard überzubügeln. Individuelle Angebote sind im Geschäftskundenvertrieb tatsächlich entscheidend.

Gleichzeitig sind die Stadtwerke Würzburg im Heimatmarkt traditionell sehr aktiv. Neben dem klassischen Energievertrieb für Unternehmen auch mit Energiedienstleistungen für die Energie-, Wärme- und Mobilitätswende. Wie stellen Sie das Unternehmen hier in Zukunft auf?

Wir müssen diese Themen vor allem übergreifend planen und denken. Aus meiner Sicht ist das Thema CO2-Neutralität bis 2040, wie es uns ja auch das integrierte Klimaschutzkonzept der Stadt Würzburg vorgibt, die große Messlatte. Mit deren Einhaltung der CO2-Neutralität versuchen wir, auf das Pariser Klimaschutzabkommen einzuzahlen und unsere Hausaufgaben zu machen. Entscheidend ist, dass wir die Energie-, Wärme- und Verkehrswende aus einer Hand und als Führungsmannschaft planen. Anschließend nehmen wir dann natürlich in den jeweiligen Spezialthemen die Expertinnen und Experten in die Verantwortung und binden sie in die Gestaltungspflicht ein. Diese große Veränderung, die uns hier bevorsteht, sollte aus meiner Sicht möglichst gut durch uns zwei, demnächst drei Geschäftsführer geschultert werden. Wir müssen künftig gemeinsam versuchen, die Fäden immer wieder zusammenzuführen. Beispiel Fernwärme: Wenn wir eine ganze Straße dafür aufreißen, ist es ganz entscheidend, dass wir auch eine Konzertierung unserer Bereiche haben, also im selben Augenblick klar ist, ob wir noch Glasfaser verlegen wollen. Oder ob wir, wenn wir die Straße wieder zumachen, im Anschluss direkt eine Bushaltestelle rollstuhlfahrergerecht umbauen. 

Auch Direktvermarktungsmodelle für PV- und Biogasanlagenbetreiber gehören längst zum Portfolio der Stadtwerke. Welche Pläne verfolgen Sie in diesem Segment?

Wir sind in der Direktvermarktung sehr erfolgreich und möchten uns in diesem Bereich noch stärker aufstellen. Derzeit versuchen wir beispielsweise, den Anlagenbetrieb von Biogasanlagen weiter zu flexibilisieren, um noch größeren wirtschaftlichen Erfolg hervorzubringen. Mit diesem Thema kamen die Kundinnen und Kunden auf uns zu. Die Digitalisierung macht die Prognosen präziser und hilft uns somit, die Vermarktung noch effizienter und wirtschaftlich geschickter zu gestalten. Wenn wir exakt wissen, wieviel erzeugt wird und sich zugleich die Verbräuche und Wetterlagen vernünftig vorhersehen lassen, können wir die Märkte schneller und genauer einschätzen und so natürlich auch Chancen gut erkennen und nutzen. Die Nachfrage ist groß.  

Welche Rolle spielt die WVV im Markt der Direktvermarkter?

Ich sehe uns als sogenannter Hidden Champion. Wer von außen auf die WVV schaut, sieht dieses Geschäftsfeld nicht auf Anhieb. Denn wir versuchen, uns wirklich eng auf unsere Zielgruppe von Biogasanlagenbetreiberinnen und -betreibern zu konzentrieren. Darunter gibt es viele Landwirte, die ganz konkret mit uns über die Energiewende sprechen möchten. Hier ist Augenhöhe wichtig. Und dann beim Kundentermin nicht vor Entsetzen vom Stuhl zu fallen, wenn sich mal ein bisschen Stroh an unserem Ärmel befindet. Es ist wichtig, vor Ort mit den Kundinnen und Kunden Kontakt zu haben.  

Stichwort Wärmewende. Welche Rolle übernimmt die WVV als kommunales Unternehmen heute und in Zukunft, um die Stadt auf grüne Wärme umzustellen?

Die lokale Wärmewende ist eines der zentralen Projekte, um das ich mich gerade kümmere. Aus dem integrierten Klimaschutzkonzept hat die Stadt Würzburg eine kommunale Wärmeleitplanung abgeleitet und die WVV wird die zentrale Rolle bei der Umsetzung spielen. Für uns ist entscheidend, dass wir, wenn es um grüne Wärme geht, drei Aspekte gleichzeitig beachten: die CO2-neutrale Erzeugung, die Nutzung von Abwärme und die effiziente Verwendung von Wärme. Diese drei großen Felder gilt es weiterzuentwickeln. Derzeit prüfen wir zusammen mit einem Ingenieurbüro, wie wir das auf die einzelnen Quartiere und Straßenzüge anwenden können. Bis zum Frühling des nächsten Jahres möchten wir sehr präzise Antworten definieren. In Würzburg versorgen wir ja schon einige Viertel mit Fernwärme. Dort möchten wir natürlich versuchen, noch weitere Immobilien anzuschließen. Sollte hingegen Fernwärme nicht die beste Lösung für ein Quartier sein – weil etwa die Entfernung zum Kraftwerk zu groß ist – werden wir sicherlich auch mit Wärmepumpen oder anderen dezentralen Lösungen arbeiten. Wir stehen dabei im engen Austausch sowohl mit dem Baureferat der Stadt als auch mit Wohnungsbaugesellschaften und vielen anderen Kundinnen und Kunden aus dem Geschäftskundenbereich, die hier betroffen sein werden. 

Wie kann die regionale Wirtschaft, also Ihre zahlreichen Kundinnen und Kunden aus der Immobilienwirtschaft, davon profitieren?

Grüne Wärme ist ein wichtiger Baustein, um Effizienz- und Klimaschutzpotenziale zu heben – und damit auch, um die steigenden gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. In puncto Quartiersentwicklung gehen wir zum Beispiel nicht nur mit der Stadt, sondern auch mit den Wohnungsbauunternehmen früh in den Dialog. Weil neue Quartiere oder die Sanierung von Quartieren bestenfalls direkt mit der Frage der energetischen Sanierung, aber auch der Frage nach den verwendeten Energieträgern, verknüpft, diskutiert und geprüft werden.  

Gibt es weitere Aspekte?

Unternehmen verkleinern ihren CO2-Fußabdruck nicht allein dadurch, dass sie ihre Gebäude effizient bewirtschaften. Sondern auch, indem sie den CO2-Austoß von Berufspendlerinnen und -pendlern verringern. Denn bei vielen Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor, wie beispielsweise Banken, schlägt sich das Pendeln von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zum Arbeitsplatz tatsächlich kräftig in der CO2-Bilanz nieder. Aber auch dafür gibt es ja Lösungen. Etwa über den Nahverkehr und den Ausbau der Elektromobilität mit passender Ladeinfrastruktur – auch in Unternehmen. Oder aber mit neuen Angeboten wie der Zusammenarbeit der Stadt Würzburg und der WVV mit einem E-Lastenradanbieter, der an zentralen Standorten die Räder verleiht.  

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