In jedem großen Unternehmen gibt es Abteilungen, bei denen man sich fragt: Was genau machen „die“ eigentlich? Denn in einem Konzern wie der WVV sind nicht bei allen Mitarbeitenden die alltäglichen Tätigkeiten so offenkundig und nachvollziehbar wie bei einer Straßenbahnfahrerin oder einem Schwimmmeister im Nautiland. Stattdessen gibt es auch Bereiche, bei denen die Aufgaben und Tätigkeitsfelder der dort Beschäftigten für Außenstehende eher abstrakt bleiben. Bereiche, deren unverzichtbare Leistungen für den Erfolg des Konzerns für „nicht Eingeweihte“ eher im Verborgenen liegen. Eine solche Abteilung ist auch die „Stabsstelle Unternehmensentwicklung“ der WVV. Bringen wir also ein wenig Licht ins Dunkel.
Vielfältiges Aufgabenspektrum
Was genau macht also „die UE“, wie sie im WVV-Jargon meist verkürzt genannt wird? Schon hier wird es etwas unübersichtlich – denn deren Aufgaben sind enorm vielfältig: „Wir sind gewissermaßen die rechte Hand der Konzerngeschäftsführung, aber auch der Tochtergesellschaften“, berichtet Céline Hartung, die seit ca. viereinhalb Jahren die Stabsstelle leitet. „Bei uns werden praktisch alle übergreifenden Themen gebündelt.“ Und das sind eine ganze Menge. Da wäre zum Beispiel die sogenannte „Gremienarbeit“ zu nennen – also das Vorbereiten, Begleiten und Nachbereiten von Aufsichtsratssitzungen, Gesellschafterversammlungen und sonstigen Sitzungen, bei denen wichtige Entscheidungen für die Konzernmutter und die Tochtergesellschaften fallen. Man kann sagen: Wann immer Geschäftsführer Thomas Schäfer oder Geschäftsführerin Dörte Schulte-Derne einen geschäftlichen Termin wahrnehmen oder einen Vortrag halten, ist auch die UE eingebunden.
Dann gibt es noch den gesamten Bereich der Unternehmenskommunikation – vom Intranet und dem Mitarbeitermagazin „WVV extra“ über den Internet-auftritt und die Kommunikation in den sozialen Medien bis hin zur klassischen Pressearbeit, aber auch die Erarbeitung und Umsetzung der Corporate Identity. Alles, was an übergeordneten Kommunikationsthemen anfällt, läuft über die Mitarbeitenden der Stabsstelle von Céline Hartung. Und schließlich sollte man das weite Feld der konzernbezogenen Managementaufgaben erwähnen. Um nur einige Beispiele zu nennen: Das Konzern-Risikomanagement etwa dient dazu, mögliche Gefahren für den Unternehmenserfolg frühzeitig zu erkennen und die Geschäftsführung entsprechend zu beraten. Beim Themenfeld „Digitalisierung und Prozessmanagement“ geht es unter anderem darum, die reibungslose Zusammenarbeit innerhalb des Konzerns durch einheitliche Vorgaben, Regeln und Verfahren sicherzustellen. Und auch bei der Steuerung und Koordination konzernübergreifender Großprojekte steht die UE den beteiligten Einzelgesellschaften mit Rat und Tat zur Seite. Die Organisations-entwicklung gehört ebenso dazu wie auch das Ideenmanagement und sogar ein Historisches Archiv, das historische Dokumente und Gegenstände aus der Geschichte der WVV sammelt und regelmäßig Öffnungstage veranstaltet. Dies alles und noch viel mehr leisten die derzeit insgesamt 12 Frauen und drei Männer der Stabstelle Unternehmensentwicklung – ein herausforderndes Programm.
Entscheidender Bezugspunkt: der Konzern
Bei aller Vielfalt, die schon aus dieser kurzen Aufzählung von Beispielen deutlich wird, haben die Aufgaben und Tätigkeitsfelder der UE doch eine wesentliche Gemeinsamkeit. Das entscheidende Stichwort lautet hier: die Konzernsicht. Die Stabsstelle Unternehmensentwicklung schaut sozusagen aus der „Vogelperspektive“ auf die Dinge. Denn sehr oft besteht ihre Herausforderung darin, unterschiedliche Interessen, Vorstellungen oder auch Verfahrensweisen der Einzelgesellschaften so miteinander zu verbinden und auszutarieren, dass dabei die für den Gesamtkonzern beste Lösung entsteht. So sind zum Beispiel schon bei einem vergleichsweise überschaubaren Projekt wie der Komfortkarte der WVV übergeordnete Steuerungsleistungen erforderlich: „Die in der Karte enthaltenen Vergünstigungen – beim Parken, beim Eintrittspreis für die Schwimmbäder, beim Stromtanken für die Fahrer von E-Autos – betreffen ja mehrere Konzerngesellschaften“, gibt Stabsstellenleiterin Hartung zu bedenken. „Hier braucht es also eine höhere Instanz, die die verschiedenen, auch wirtschaftlichen Aspekte eines solchen Angebots im Blick behält.“
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Umso bedeutsamer ist diese Steuerungsfunktion bei komplexeren Themen wie etwa dem Prozessmanagement: Hier geht es darum, konzernweit einheitliche Verfahrensweisen zu definieren und über deren Einhaltung zu wachen. Denn Eines ist klar: Wenn in einem Konzern mit 16 Einzelgesellschaften jeder Bereich oder jede Abteilung nach ihren eigenen Vorstellungen wirtschaften würde, wäre das Chaos vorprogrammiert. Oder nehmen wir ein anderes Beispiel: die externe Kommunikation. Auch hier gilt es, immer wieder abzuwägen und zu priorisieren. Susanna Blum, die in der Stabsstelle zusammen mit Cornelia Wagner die Pressearbeit verantwortet, erläutert das: „Da wir in der Konzernkommunikation den verschiedenen Tochtergesellschaften übergeordnet sind, haben wir viele verschiedene Ansprechpartner und Interessen, die wir unter einen Hut kriegen müssen. Da ist es nicht immer einfach, alle zu berücksichtigen und zufriedenzustellen.“
Wer schon einmal Verantwortung in einem Verein übernommen hat, kennt das Phänomen: Beim jährlichen Vereinsausflug wollen alle im Bus ganz vorne sitzen. Nur kann der Bus zwar sehr lang sein, aber eben nicht beliebig breit. Irgendjemand hat letztlich die undankbare Aufgabe, die Plätze zuzuweisen.
„Auf unsere Mitarbeitenden prasseln mitunter sehr unterschiedliche Anliegen und Anforderungen von verschiedensten Seiten ein. Da muss man schon auch mal standhaft sein und das Konzerninteresse fest im Blick behalten.“
Klar ist: In dieser Funktion macht man sich nicht immer Freunde. Was aus der Konzernperspektive als richtig und notwendig erscheint, kann man aus Sicht einer Einzelgesellschaft durchaus als lästig, umständlich oder „bürokratisch“ empfinden. Susanna Blum aber hat die Erfahrung gemacht: „Auch wenn es mal unterschiedliche Auffassungen in der Sache gibt, verstehen die Kolleginnen und Kollegen in aller Regel doch, dass wir in der UE auch nur unseren Job machen und dabei das Wohl des Konzerns und seiner Mitarbeitenden im Auge haben.“ Und Stabsstellenleiterin Hartung fügt hinzu: „Natürlich haben auch wir eine gewisse Bringschuld, unsere Rolle und Funktion im Konzern nachvollziehbar zu machen. Wir haben diesbezüglich auch schon einiges unternommen, was eindeutig Früchte trägt. Dass es trotzdem hin und wieder mal zu Konflikten kommt, ist völlig normal und eben der Aufgabe geschuldet, die wir im Konzern haben.“
Ein Megathema: Nachhaltigkeit
Der Begründer der türkischen Republik, Kemal Atatürk, soll einmal gesagt haben: „Der Wanderer muss nicht nur den Weg, sondern auch den Horizont dahinter sehen.“ In gewisser Weise beschreibt das auch eine weitere Aufgabe der UE im Bereich „Strategie und Innovation“: Es geht darum, frühzeitig zu erkennen, was an wichtigen Themen für den Konzern „am Horizont heraufzieht“. Dies geschieht nicht nur im Rahmen des schon erwähnten Konzern-Risikomanagements. Sondern zum Beispiel auch im Hinblick auf das weite und immer bedeutsamer werdende Feld der „Nachhaltigkeit“. Auch in diesem Bereich übt die Unternehmensentwicklung eine wichtige Steuerungsfunktion aus. Denn auch hier müssen vielfältige Anforderungen aus vielen verschiedenen Richtungen berücksichtigt werden – zum Beispiel seitens der Stadt Würzburg: „Die WVV gehört ja zu 100 Prozent der Stadt“, erläutert Céline Hartung. „Dementsprechend sind die Erwartungen an die Rolle und Leistung der WVV im Rahmen des integrierten Klimaschutzkonzepts der Stadt besonders hoch. Schließlich will Würzburg bis 2040 klimaneutral sein.“ Dazu kommen Regelungen und Vorgaben der EU, die es zu berücksichtigen gilt. Und nicht zuletzt auch die Anforderungen der Banken, wenn es um die Finanzierung von großen Projekten geht. Man sieht also: Auch auf diesem Feld gibt es einiges zu steuern, zu koordinieren und zu vermitteln.
„Ganz nebenbei“ ist die WVV – wie alle anderen größeren Energieversorger – ab 2025 auch „berichtspflichtig“ im Bereich der Nachhaltigkeit. Das heißt: Der Konzern muss für das Geschäftsjahr 2025 erstmals einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen und veröffentlichen. Es liegt auf der Hand, dass die WVV dafür enorm viel zu analysieren und aufzubereiten hat. Mittendrin im Geschehen: die UE. „Da das Thema 16 sehr unterschiedliche Konzerngesellschaften betrifft, laufen die Fäden bei uns zusammen“, erläutert Céline Hartung. „Beispielsweise haben wir im ersten Schritt zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus den Einzelgesellschaften erarbeitet, welche Maßnahmen sich die einzelnen Bereiche in puncto Nachhaltigkeit vorstellen können. Im zweiten Schritt geht es darum, die unterschiedlichen Vorschläge zu analysieren, nach Wichtigkeit und Machbarkeit zu ordnen sowie mit der Konzerngeschäftsführung abzustimmen: In welche Richtung wollen wir gehen, in welcher Reihenfolge wollen wir die Maßnahmen angehen?“ Anschließend wird die UE dafür zuständig sein, den gesamten Prozess konzernweit zu steuern und voranzutreiben. Und dabei immer auch darauf zu achten, dass das Vorgehen zwischen Geschäftsführung, Stadt und allen weiteren Beteiligten abgestimmt und zielführend ist. Eine Mammutaufgabe!
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