Noch Azubi – und doch schon Meister! Wie geht denn das?

Würzburg ist erfolgsverwöhnt. Und dies auf vielen Feldern. Wer das nicht glauben mag, möge sich nur die folgende Liste an Beispielen vor Augen führen – die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Würzburg ist erfolgsverwöhnt. Und dies auf vielen Feldern. Wer das nicht glauben mag, möge sich nur die folgende Liste an Beispielen vor Augen führen – die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt: Würzburg ist die Geburtsstadt von Dirk Nowitzki, dem erfolgreichsten deutschen Basketballer aller Zeiten; beim örtlichen DJK Würzburg feierte er seine ersten Erfolge. Die Wasserballmannschaft des Schwimmvereins SV Würzburg 05 ist fünfmaliger deutscher Meister. Aus dem gleichen Verein stammen mit Thomas Lurz, Annika Liebs, Lea Boy und Leonie Beck Athletinnen und Athleten, die zusammengenommen Dutzende von Titeln bei Welt-, Europa-, und Deutschen Meisterschaften sowie mehrere Olympiamedaillen errungen haben. Der Akademische Ruderclub Würzburg (ARCW) stellte wiederholt Teilnehmende bei Ruderweltmeisterschaften und Olympischen Spielen. Und der heimische Monteverdichor gewann unter anderem 2014 den Deutschen Chorwettbewerb.

Alexander Graf mit Ausbilder Ralf Mündlein. // Foto. WVV.

Doch auch auf Gebieten, die nicht im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen, hat Würzburg einiges vorzuweisen. Jüngstes Beispiel: Mit Alexander Graf, der sich gerade im „Endspurt“ seiner Ausbildung bei der Mainfranken Netze GmbH (MFN) befindet, kommt nun auch der Deutsche Meister im Schweißen aus einem Würzburger Unternehmen. Und das kam so: Im dritten Lehrjahr findet der Schweißkurs für die angehenden Anlagenmechaniker im Berufsbildungs- und Technologiezentrum (BTZ) Rohr-Kloster in Südthüringen statt, weil es in Würzburg keine entsprechende schweißtechnische Kursstätte mehr gibt. „Dort im BTZ Rohr wurde ich angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, an der Bezirksmeisterschaft im Rahmen des Wettbewerbs ‚Jugend schweißt‘ teilzunehmen“, berichtet der frischgebackene Champion. „Nachdem ich die Wettbewerbe im Lichtbogenhandschweißen auf der Bezirksebene und auf der Landesebene in Thüringen gewonnen hatte, war ich automatisch für die Deutsche Meisterschaft qualifiziert.“

Teilnehmende aus 14 Bundesländern kämpften in vier Einzelkategorien und einem Gruppenwettbewerb um den jeweiligen Meistertitel.

Der Wettbewerb wird alle zwei Jahre vom „Deutschen Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e. V.“ (DVS) ausgerichtet und konnte dieses Jahr sein 30-jähriges Bestehen feiern. Das Finale fand im Rahmen der Messe „SCHWEISSEN & SCHNEIDEN 2025“ im September in Essen statt. Teilnehmende aus 14 Bundesländern kämpften hier in vier verschiedenen Einzelkategorien und einem Gruppenwettbewerb um den jeweiligen Meistertitel. Und Alexander Graf erreichte auch hier in der Einzeldisziplin „Lichtbogenhandschweißen“ den ersten Platz.

„Lichtbogenhandschweißen“ – was ist das?

Beim Lichtbogenhandschweißen – auch Elektrodenschweißen oder E-Handschweißen genannt – handelt es sich um eines der ältesten und technisch einfachsten Schweißverfahren. Dabei wird das Werkstück mit einem Pol einer Schweißstromquelle verbunden, die Elektrode mit dem anderen Pol. Die Zündung des Lichtbogens erfolgt durch die sogenannte Kontaktzündung, bei der die Elektrode das Werkstück berührt. Dabei fließt wegen des Kurzschlusses ein sehr hoher Strom, der die Elektrode an der Spitze schmilzt und den Lichtbogen zündet. Der Schweißlichtbogen erreicht Temperaturen von 4.500 bis 5.000 Kelvin, also deutlich mehr als die Flamme beim Gasschmelzschweißen (3.400 Kelvin). Der Lichtbogen schmilzt sowohl den Grundwerkstoff des Werkstücks als auch die Elektrode selbst. Diese fungiert somit gleichzeitig als Zusatzwerkstoff, der zusammen mit dem aufgeschmolzenen Grundwerkstoff das sogenannte Schmelzbad und die spätere Schweißnaht bildet. Die Umhüllung der Elektrode bildet beim Abbrand auch Schutzgase und Schlacke, welche die Schmelze vor chemischen Reaktionen mit der Umgebungsluft schützen.

Das E-Handschweißen ist ein sehr flexibles Schweißverfahren, das sich für viele Anwendungsfälle eignet – auch bei schlecht zugänglichen Fügestellen. Der Einfluss von Wind auf die Schutzwirkung der Schutzgase und Schlacke ist relativ gering, so dass man es auch auf Baustellen gut einsetzen kann. Es lässt sich sogar unter Wasser nutzen, zum Beispiel bei Reparaturen von Schiffen oder Bohrinseln. Bei der MFN kommt das Verfahren beispielsweise beim Schweißen der Gasleitungen zum Einsatz.

Die Herausforderung: Schweißen unter Beobachtung

Der Wettbewerb selbst bestand aus zwei Teilen: Am Sonntag gab es zunächst eine schriftliche Prüfung, am Montag musste man dann sein praktisches Können unter Beweis stellen. Und hier hieß es Ruhe zu bewahren: „Ich war beim Einzelwettbewerb tatsächlich ein bisschen aufgeregt“, gesteht Alexander Graf. „Der Arbeitsplatz muss beim Schweißen zwar gut abgeschirmt sein, weil der Lichtbogen so hell ist, dass er die Augen von Zuschauern schädigen kann. Aber man konnte beim Wettbewerb von außen minimal in die Kabine reinschauen, so dass ich mich schon ein wenig unter Beobachtung fühlte. Und das macht natürlich nervös.“ Zwei Stunden hatten die Teilnehmenden Zeit, die gestellte Aufgabe zu bewältigen. Im Falle von Alexander Graf war dies, eine Kehlnaht in „Halbüberkopfposition“ zu schweißen. „Man hatte zunächst eine Stunde Zeit, sich warmzuschweißen, denn jedes Schweißgerät ist ein wenig anders und man musste sich also erst an das bereitgestellte Gerät gewöhnen“, erläutert der Schweißprofi. „Danach musste man innerhalb einer Stunde die Kehlnaht fertigstellen.“

Prüfung des Werkstücks durch die Kommission
Prüfung des Werkstücks durch die Kommission. // Foto: WVV.

Was ihm offenkundig hervorragend gelang und so den Meistertitel einbrachte. Die große Unterstützung, die Alexander sowohl von seinem Ausbilder bei der MFN, Ralf Mündlein, als auch von Thorsten Kobold (Schweißfachmann der MFN und zuständig für die Schweißkurse auch bei den Azubis) in der er intensiven Vorbereitungsphase erhalten hatte, zahlte sich also aus. Und auch die Zuständigen beim Bezirksverband Südthüringen des DVS, Yvonne Reichsthaler und Reiner Jäger, haben einen beträchtlichen Anteil an dieser Erfolgsstory. Denn sie waren es, die Alexanders Talent früh erkannten und ihn motivierten, am Wettbewerb teilzunehmen. Für den Champion selbst brachte der Erfolg neben einem Preisgeld sowie einer Urkunde und einer Medaille noch etwas anderes: Die Qualifikation für die Weltmeisterschaft. Ob diese allerdings im kommenden Jahr stattfinden kann, ist derzeit wohl noch offen; der Austragungsort wäre vermutlich Peking.

Der Champion bleibt der WVV erhalten

Doch der Erfolg hat Alexander Graf keineswegs „abheben lassen“. Nach der Bedeutung seines Meistertitels und seinen weiteren Plänen befragt, antwortet der junge Mann ganz bodenständig und bescheiden: „Im Februar möchte ich erst mal meine Ausbildung bei der MFN erfolgreich abschließen. Wenn mir das gelingt, werde ich hier im Betrieb weiterhin im Rohrnetz arbeiten, wo ich ja auch bisher schon beim Schweißen eingesetzt wurde. Die Zusage dafür habe ich schon.“ Warum auch in die Ferne schweifen? Seine Ausbildung bei der MFN, dem Netzbetreiber der Stadtwerke Würzburg AG und somit Konzerntochter der WVV, hat ihm gut gefallen: „Ich bin mit meinen Ausbildern dort sehr gut ausgekommen, die haben ein breites Allgemeinwissen und man kann sie immer fragen, wenn man irgendwo nicht weiterkommt“, erzählt der „Gerade-Noch-Azubi“. Klar, direkt nach der Schule, die er mit der Mittleren Reife abgeschlossen hat, war die Ausbildung schon eine Umstellung – das gibt er unumwunden zu. „Aber nachdem ich mich mal an den geänderten Tagesablauf gewöhnt hatte, hat mir die Ausbildung viel Spaß gemacht.“

Und was ist mit der Weltmeisterschaft? „Natürlich würde ich mich sehr freuen, wenn das klappt,“ lacht Alexander Graf, „das wäre eine tolle Chance. Aber bisher steht das ja noch nicht fest. Und wenn die Weltmeisterschaft tatsächlich stattfindet, gibt es dort ein unglaublich starkes Teilnehmerfeld.“ Denn anders als in Deutschland kann man in manchen anderen Ländern „Schweißer“ als Ausbildungsberuf erlernen und sich folglich in der Ausbildung weitgehend auf das Schweißen konzentrieren. „Für jemanden wie mich ist es da schon viel wert, überhaupt dabei zu sein – dort zu gewinnen dürfte sehr schwer werden.“ Also heißt es jetzt: Daumen drücken, dass die Weltmeisterschaft stattfindet und Alexander dieses tolle Event miterleben kann.

Alexander Graf bei der Siegerehrung in Essen
Alexander Graf bei der Siegerehrung in Essen. // Foto: WVV.

Und wer nun Lust bekommen hat, auch eine Ausbildung bei der WVV zu beginnen, findet alle notwendigen Informationen dazu hier.

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