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Strompreisbremse: Das planen Bund und EU gegen explodierende Energiekosten.

Rekordpreise für Strom und Gas lassen die Energiekosten aktuell dramatisch ansteigen. Weitere Preissprünge aufgrund der Verschärfung des Angriffskriegs in der Ukraine und des bevorstehenden Winters sind nicht auszuschließen. Deshalb möchten die Bundesregierung und die EU Abhilfe für Stromkundinnen und -kunden schaffen – unter anderem mit der sogenannten Strompreisbremse.

Stromspannungsnetze mit farbigen Sonnenuntergang
Steigende Energiekosten, Foto: Istock/deepblue4you

Nach einem langen, heißen Sommer hält der Herbst Einzug. Momentan nimmt die Energiepreiskrise nochmal ordentlich an Fahrt auf, nicht nur wegen der nahenden Heizperiode. Die gekappten Gaslieferungen aus Russland und der daraus resultierende Anstieg des Gaspreises verschärft die Situation auch beim Strom. Zum Vergleich: Laut Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, kurz BAFA, fielen im Juli für Erdgas-Einfuhren rund 64 Prozent höhere Kosten an als noch im Vormonat. Innerhalb eines Jahres stieg der sogenannte Grenzübergangspreis für Gasimporte um insgesamt 387 Prozent.

Darum steigen die Strompreise weiter

Die Folge der explodierenden Gaspreise: Rekordpreise auch beim Strom. Denn Energie aus Gaskraftwerken ist aktuell wegen deren flexibler Fahrweise noch unverzichtbar. Und das schlägt unmittelbar auf die Preissetzung an der Strombörse durch. Denn hier gilt die sogenannte Merit-Order: Der Börsenpreis richtet sich nach der teuersten Stromerzeugung, die für die Versorgung gerade noch gebraucht wird. Und die ist momentan eben die Stromgewinnung aus extrem teuer gewordenem Gas. Das bedeutet aber auch: Wer günstiger produziert, nimmt entsprechend mehr ein. So erzielen etwa Erzeuger von Atom- und Kohlestrom sowie aus erneuerbaren Energien aktuell große „Über- oder Zufallsgewinne“.

Im Moment betreffen die hohen Preise zwar noch vorrangig das Geschäft am sogenannten Day-Ahead-Markt, also kurzfristige Einkäufe. „Auf lange Sicht ist aber leider zu erwarten, dass sich die Marktlage auch in Tarifen für Endkundinnen und -kunden niederschlägt. Spätestens bei einem neuen Abschluss“, weiß Florian Doktorczyk, Vertriebsleiter bei der WVV. Deshalb planen Bund und EU nun diesen Mechanismus zu durchbrechen und die Entwicklung der Strompreise von den Gaspreisen zu entkoppeln.

Strompreise gegen Rekordkosten

Um die explodierenden Preise für Stromkundinnen und -kunden abzufangen, plant die Ampel die sogenannte Strompreisbremse. Das Prinzip: Zufallsgewinne von Stromerzeugern mit geringen Produktionskosten, also Erneuerbare, Atom- oder Kohlestrom, abschöpfen und mithilfe einer gedeckelte Basisversorgung an Stromkundinnen und -kunden verteilen. Das bedeutet, dass Haushalte sowie kleine und mittelständische Unternehmen mit Versorgertarif dann eine günstige Basis-Stromversorgung nutzen können, bei der eine Preisobergrenze von 30 Cent pro Kilowattstunde festgelegt ist. Gesetztes Ziel der Maßnahmen ist, die Stromkosten insgesamt zu senken. Zusätzlich soll der Anstieg der Netzentgelte – bedingt durch den verstärkten Ausbau des Stromnetzes – gebremst werden.

Der Plan: Die Netzentgelte um zwei Cent pro Kilowattstunde zu verringern.

Um weitere Anreize zum Energiesparen zu geben, soll der Basisvertrag allerdings an ein festgelegtes Kontingent an Kilowattstunden gekoppelt werden – etwa 80 Prozent des Durchschnittsverbrauchs. Ist dieses erschöpft, greift automatisch der Marktpreis. „Die Strompreisbremse ist ein wichtiges Instrument, um die rasanten Entwicklungen am Markt abzufangen und Kunden zumindest teilweise vor explodierenden Strompreisen zu schützen“, betont Florian Doktorczyk und ergänzt: „Das könnte gerade für kleine und mittlere Unternehmen mit hohen Stromverbräuchen ausschlaggebend sein.“

„Um den Markt auf lange Sicht zu stabilisieren, müssen wir die Stromlücke, die aktuell durch Gas- und Kohlekraft abgefangen wird, schnellstmöglich mit erneuerbaren Energien schließen. Dafür ist vor allem ein ehrgeiziger Ausbau entscheidend.“

Florian Doktorczyk, Vertriebsleiter bei der WVV Energie

EU-Komission berät über Energienotfallpaket

Auch die Europäische Union plant umfassende Schritte. Denn die steigenden Strompreise sind ein europaweites Phänomen. Unter anderem aufgrund der Stromknappheit in Frankreich: Dort hängen aktuell rund die Hälfte der Atomkraftwerke wegen Wartungsarbeiten oder Korrosionsproblemen nicht am Netz. Deshalb legte die EU-Kommission am 14. September einen Verordnungsentwurf für ein befristetes Notfallpaket zur Abfederung der Energiepreise vor – das sogenannte Energiepreisnotfallpaket.

Dieses sieht – ähnlich wie im Entlastungspaket der Bundesregierung – eine Strompreisbremse vor, die den Erlös für die Stromerzeugung mit niedrigen Grenzkosten wie beim Einsatz von Erneuerbaren oder Kernenergie auf maximal 180 Euro pro Megawatt deckelt. Mehreinnahmen sollen abgeschöpft und an Kunden verteilt werden. Zusätzlich sind ein temporärer Solidaritätsbeitrag auf Übergewinne in Höhe von mindestens 33 Prozent und eine Reduzierung des Bruttostromverbrauchs zu Spitzenpreiszeiten um 10 Prozent geplant.

Das Paket könnte bereits Ende September verabschiedet werden und hätte dann unmittelbar Gesetzeskraft in allen EU-Ländern. Sollten sich entsprechende Maßnahmen europaweit allerdings verzögern, will sie die Bundesregierung in einem nationalen Paket selbst umsetzen.

Wie entwickeln sich die Strompreise 2023?

Wie sich die Energiekrise und mit ihr die Strompreise im nächsten Jahr entwickeln könnten, lässt sich aktuell kaum absehen. Nur wenige Expertinnen und Experten wagen diesbezüglich genaue Prognosen. Auch wenn die Gasspeicher inzwischen gut gefüllt sind und die ersten LNG-Terminals Anfang kommenden Jahres ihren Betrieb aufnehmen, bleibt die Lage angespannt. Denn klar ist: Auch in Zukunft ist die Bundesrepublik auf Strom aus Gas angewiesen. „Gaskraftwerke sind und bleiben – zumindest mittelfristig – essenziell im deutschen Strommix, um schwankende erneuerbare Energien auszugleichen“, betont Florian Doktorczyk. Maßnahmen wie die Strompreisbremse können allerdings dazu beitragen, Endkundinnen und -kunden vor unendlich steigenden Kosten zu schützen. Der Experte fasst es so zusammen: „Um den Markt auf lange Sicht zu stabilisieren, müssen wir die Stromlücke, die aktuell durch Gas- und Kohlekraft abgefangen wird, schnellstmöglich mit erneuerbaren Energien schließen. Dafür ist vor allem ein ehrgeiziger Ausbau entscheidend. So senken wir nicht nur den Strompreis wieder, sondern investieren gleichzeitig in eine nachhaltige Energiezukunft.“

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