Wenn draußen die Nebel über Würzburgs Hügeln liegen und der feuchtkalte Herbst in unserer Region Einzug hält, fällt es schwer, sich Menschen vorzustellen, die tagtäglich in Badehose und kurzem T-Shirt ihrer Arbeit nachgehen. Doch für Bademeister ist das selbstverständlich. Denn diese sind nicht nur bei hochsommerlichen Temperaturen im Freibad im Einsatz, sondern eben auch im Herbst und Winter in Hallenbädern. So zum Beispiel im Familien-, Sport- und Freizeitbad „Nautiland“ des WVV-Konzerns.
Dabei sollte man drei Dinge gleich zu Beginn klarstellen: Erstens kann der Bademeister ohne weiteres eine Meisterin sein. Zweitens sehen auch die männlichen Vertreter dieses Berufes keineswegs immer aus wie David Hasselhoff in der Hollywood-Serie „Baywatch“ der 1980er Jahre. Drittens schließlich ist der Begriff „Bademeister“ veraltet und wird von den Angehörigen des Berufsstandes gar nicht so gern gehört. Zutreffender ist es, von „Schwimmmeistern/Schwimmmeisterinnen“ zu sprechen oder – so die offizielle Bezeichnung – von „Fachangestellten für den Bäderbetrieb“. Denn das Aufgabenfeld dieser Berufsgruppe beschränkt sich keineswegs auf den Beckenrand.
Allrounder in Badebekleidung
Natürlich gehört es auch in einem Erlebnisbad wie dem „Nautiland“ zu den herausragenden Aufgaben der Schwimmmeister, in einem Notfall Leben zu retten. Folglich ist jeder und jede Fachangestellte für den Bäderbetrieb als Rettungsschwimmer ausgebildet. Hier liegt auch der Grund für deren ungewöhnliche Arbeitskleidung: Es geht nicht darum, besonders „cool“ auszusehen. Im Ernstfall muss es schnell gehen – da darf keine Zeit verloren werden, weil man sich erst umziehen muss. Und „in voller Montur“ ins Becken springen, wäre in einer Notsituation ebenfalls nicht zweckdienlich. Übrigens: Die Fähigkeit zum Rettungsschwimmen wird in den Bädern der WVV nicht nur – wie vom Gesetzgeber gefordert – alle drei Jahre, sondern jährlich überprüft.
„Die Badegäste verbringen nur wenige Stunden in unserem Bad und wollen sich in dieser Zeit wohlfühlen. Dafür zu sorgen, gehört zu unseren Aufgaben.“
Felix Makulik, Gruppenleiter Bäderbetriebe WVV
Doch solche Notfälle sind äußerst selten. Viel häufiger sind Schwimmmeister als Streitschlichter und Pädagogen gefragt: Ob es eine Auseinandersetzung um eine vermeintlich zu Unrecht belegte Liege gibt; ob sich ruhebedürftige Gäste durch zu heftig plantschende Kinder gestört fühlen oder ob sich allzu forsche Jugendliche an der Rutsche vordrängeln: Gerade bei den vielen kleinen Konflikten, die in einem Freizeitbad vorkommen können, sind Moderationsgeschick und ein offenes Ohr für die Belange der Badegäste gefordert. „Der Badegast verbringt nur wenige Stunden in unserem Bad und will sich in dieser kurzen Zeit wohlfühlen“, erläutert Felix Makulik, der als Gruppenleiter Bäderbetriebe für die WVV tätig ist und als ausgebildeter Schwimmmeister selbst viele Jahre am Beckenrand verbracht hat. „Was für uns Routine ist, ist für den Gast ein ganz besonderer Tag. Deshalb gilt es dafür zu sorgen, dass dieses besondere Erlebnis nicht durch ungelöste Konflikte getrübt wird.“ Mitunter, so Felix Makulik, müsse man schon auch mal den „Sheriff“ spielen. Damit alle Gäste den Besuch des Nautilands gleichermaßen genießen können, sind gewisse Regeln zu beachten – und deren Einhaltung muss nötigenfalls durchgesetzt werden. Wenn zum Beispiel ein paar Jugendliche die beliebten „Arschbomben“ ausgerechnet auf einer Bahn praktizieren wollen, die für das Schulschwimmen abgesperrt ist, müsse man auch mal eingreifen und sie zur Ordnung rufen.
„Man muss multitaskingfähig sein“
Aber kein Schwimmmeister und keine Schwimmeisterin wartet nur darauf, dass es zu Regelverstößen kommt, um sich als „Ordnungsmacht“ aufspielen zu können. Viel lieber ist es allen Beschäftigten des „Nautilands“, wenn es entspannt zugeht. Denn zur Entspannung kommen die Menschen ja in ein solches Bad – und zur Entspannung wie auch zum entspannten Umgang miteinander versuchen die Schwimmmeister beizutragen. Dazu braucht es auch die Fähigkeit und Bereitschaft, mit Menschen unterschiedlichsten Charakters und mit verschiedensten Anliegen umzugehen. „Man muss schon jemand sein, der gern mit Menschen redet und auch den Smalltalk beherrscht“, ist Felix Makulik überzeugt. „Und man muss auch multitaskingfähig sein.“ Denn bei aller Leichtigkeit, die das entspannte Gespräch mit den Badegästen ausmachen sollte: Ein Schwimmmeister darf niemals den Badebetrieb aus dem Blick verlieren! Und hier kann Felix Makulik auch ein mögliches Missverständnis auflösen, das manchen Badegast irritieren könnte: „Wenn der Schwimmmeister einen Gast während des Gesprächs nicht anschaut, ist das keine Unhöflichkeit. Sondern er muss eben auch das Schwimmbecken weiter beobachten, um sicherzustellen, dass keinem was passiert. Sicherheit geht vor.“
„Im Nautiland nehmen die technischen Einrichtungen ungefähr die gleiche Fläche ein wie der sichtbare Bade- und Saunabereich oberhalb der Wasseroberfläche.“
Körperliche Fitness, Einfühlungsvermögen, Kontaktfähigkeit – was braucht es noch, um optimal für den Beruf des oder der Fachangestellten für den Bäderbetrieb gerüstet zu sein? Zweifellos auch ein gewisses technisches Verständnis. Denn was die Besucher des „Nautilands“ nicht sehen: Das gesamte Bad ist unterkellert. Die dort verbauten technischen Einrichtungen nehmen somit ungefähr die gleiche Fläche ein wie der sichtbare Bade- und Saunabereich oberhalb der Wasseroberfläche. Zwar gibt es zu deren Bedienung und Wartung spezielles technisches Personal. Doch bei kleineren Störungen muss sich der Schwimmmeister auch mal selbst zu helfen wissen.
Wieder möglich: Vom Eis ins Heiß
Apropos „Nautiland“: Der zentrale Wirkungsbereich der Schwimmmeister und -meisterinnen, also die rund 1.000 Quadratmeter Wasserfläche mit den sie umgebenden Arealen und Einrichtungen wie zum Beispiel der 87 Meter langen Röhren-Rutsche mit Spezialeffekten ist lediglich ein Bestandteil des im November 2019 neu eröffneten Bades. Insgesamt umfasst die Einrichtung drei Bereiche – neben der „Wasserlandschaft“ noch eine „Saunalandschaft“ sowie die außen gelegene „Eislandschaft“ mit der Eisbahn. „Diese Kombination macht das Nautiland einzigartig“, wie Kristin Seubert, Gruppenleiterin Verwaltung/Kasse im „Nautiland“ betont: „Man kann bei uns vom Eislaufen über das Schwimmen bis zum Saunen sehr vieles machen und miteinander kombinieren. Langeweile kommt da nicht auf – weder für Erwachsene noch für Kinder. Darüber hinaus haben wir auch kulinarisch einiges zu bieten – egal ob im Bistro im Foyer, dem Selbstbedienungsrestaurant im Schwimmbad, dem Bedienrestaurant im Saunabereich oder der coolen Poolbar.“
Die hochmoderne Saunalandschaft – die unter anderem fünf Saunakabinen, ein Dampfbad, einen Abkühlbereich mit Attraktionsduschen, Tauchbecken und Eisbrunnen sowie diverse Ruhe- und Entspannungszonen und einem großen Saunagarten umfasst – musste wegen der Coronapandemie lange Zeit geschlossen bleiben. Doch nach der Wiedereröffnung am 18. September kann es nun endlich wieder mit dem gesunden Schwitzen losgehen:
„Natürlich gelten noch Regelungen, wie die Maskenpflicht im Umkleidebereich, die Abstandsregel und insgesamt 2G – also der Zugang nur für Geimpfte und Genesene“, erläutert Kristin Seubert. Auch bei den Aufgüssen gibt es noch Einschränkungen. So muss das typische „Abschlagen“ vorerst noch ausbleiben. Denn, so Kristin Seubert: „Oberstes Gebot ist die Sicherheit für die Besucher und das Personal. Aber nachdem mit der neuen Infektionsschutzregelung die Besucherobergrenze und die Kontaktnachverfolgung weggefallen sind, ist es jetzt für unsere Gäste wieder viel einfacher geworden, das Saunaerlebnis im Nautiland zu genießen“ Und da seit 31. Oktober auch die in der letzten Saison coronabedingt komplett geschlossene „Eislandschaft“ wieder geöffnet ist, kann es für die Würzburger endlich wieder heißen: „Von der Eisbahn in die Sauna“.
Endlich Erfahrungen im Normalbetrieb sammeln
Dass die Würzburger Bürger das Saunaangebot im Nautiland vermisst haben, zeigen nicht zuletzt die aktuellen Zahlen: „Wir hatten im September nach der Öffnung insgesamt 638 Besucher im Saunabereich, aber allein im Zeitraum vom 1. bis zum 17. Oktober schon 1.675 Gäste“, freut sich Kristin Seubert. Bei dem im November und Dezember zu erwartenden nasskalten Wetter wird sich diese Tendenz zweifellos fortsetzen. Dann können sowohl die Beschäftigten als auch die Gäste des neuen „Nautilands“ endlich über einen längeren Zeitraum hinweg ihre Erfahrungen mit dem Spaßbad im Normalbetrieb machen. Denn nach der Eröffnung im November 2019 dauerte es nicht lange, bis Corona zur Schließung zwang – der „Gewöhnungseffekt“ blieb aus. Vieles muss sich daher noch einspielen – auch bei den Besuchern: „Bislang erleben wir es noch häufiger, dass Gästen die Orientierung fehlt und sie den Saunabereich suchen oder ihren Umkleideschrank nicht mehr finden“, berichtet Felix Makulik. „Die Besucher müssen sich eben das neue Bad erst erschließen.“ Aber auch hierbei helfen die Schwimmeister gerne: Manchmal dienen sie halt auch als „Wegweiser“.