Wenn Kunden der WVV dieser Tage informiert werden, dass bei ihnen ein Austausch des Stromzählers ansteht, werden sie sich nicht unbedingt als Mitwirkende eines großangelegten Zukunftsprojekts begreifen. Und doch ist genau das der Fall. Denn die Energiewende in Deutschland ist ohne leistungsfähige digitale Messsysteme kaum vorstellbar. Insofern ist es kein Zufall, dass die Messung des Stromverbrauchs der erste Bereich in Deutschland war, der per Gesetz digitalisiert wurde – mit dem Messstellenbetriebsgesetz von 2016.
Im Versorgungsgebiet der WVV sind die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Mainfranken Netze GmbH (MFN) als dem sogenannten „grundzuständigen Messstellenbetreiber“ (gMSB) damit beschäftigt, die alten analogen Stromzähler schrittweise durch moderne Messeinrichtungen oder intelligente Messsysteme (englisch: „Smart Meter“) zu ersetzen. Dieser Prozess wird voraussichtlich bis 2032 abgeschlossen sein. Warum ist dieser Austausch aber so wichtig?
Was man nicht messen kann, kann man nicht lenken
Dem amerikanischen Managementexperten Peter F. Drucker wird die Feststellung zugeschrieben, das Messen bilde die Grundvoraussetzung jeglicher Steuerungsprozesse. Wobei Drucker allerdings auf jahrhundertealte Denktraditionen aufsetzte: Schon der griechische Philosoph und Mathematiker Pythagoras hielt im 6. Jahrhundert vor Christus die Zahl für „das Wesen aller Dinge“. Und sein Kollege Archimedes verlangte etwa 300 Jahre später: „Miss alles, was messbar ist, und mache alles messbar, was sich nicht messen lässt.“
Ganz so hoch ist der Anspruch im Rahmen der Digitalisierung der Energiewende zweifellos nicht. Es geht hier keineswegs darum, „alles“ zu messen. Doch zum Gelingen der Energiewende ist es unverzichtbar, dass sowohl über den Verbrauch als auch über die Erzeugung von Energie verlässliche „Ist-Daten“ vorliegen. Man denke nur an die zahlreichen dezentralen Erzeugungsanlagen, die erneuerbare Energien wie Sonnen- oder Windkraft nutzen. Diese spielen im deutschen Energieversorgungssystem eine immer wichtigere Rolle. In Würzburg beispielsweise wurden allein im Jahr 2020 rund 600 neue Photovoltaikanlagen durch die MFN in Betrieb genommen – Tendenz weiter steigend.
Damit rückt ein Erfordernis, das Fachleute „Lastmanagement“ nennen, immer stärker in den Mittelpunkt: Da erneuerbare Energien nicht rund um die Uhr gleichmäßig verfügbar sind, müssen Stromangebot und -nachfrage sinnvoll aufeinander abgestimmt sein. Stromverbrauch wird in der Energiewirtschaft oft mit dem technischen Begriff „Last“ bezeichnet. Deshalb nennt man Maßnahmen zur aktiven Steuerung des Stromverbrauchs „Lastmanagement“ (oder englisch: „Demand Side Management“). Wenn zu wenig Sonne oder Wind vorhanden ist, reicht die produzierte Strommenge unter Umständen nicht mehr aus, um die gesamte Nachfrage zu decken. In solchen Situationen wäre es also gut, wenn Energieverbraucher schnell reagieren und ihren Stromverbrauch reduzieren könnten.
Aber auch der umgekehrte Fall, die Ausnutzung von Zeiten mit einem Überangebot an Strom, könnte für Endkunden zukünftig höchst interessant sein – und sich auf die eigene Geldbörse auswirken. Jürgen Untch, der die Abteilung „Netzgewinnung – Messtellenmanagement“ der MFN leitet, nennt hierzu ein einfaches Beispiel: den Besitzer eines Elektroautos, der zuhause an seiner Wandladestation möglichst dann tanken möchte, wenn der Strom besonders günstig ist. „Eine solche gezielte Nutzung von Preisvorteilen wird erst möglich sein, wenn zu jedem beliebigen Zeitpunkt exakte Angaben über das Angebot und die Nachfrage an Strom im Netz verfügbar sind“, erläutert Untch. Über sogenannte Schaltboxen, die es allerdings zurzeit noch nicht gibt, könnte der Energieanbieter das Elektroauto des Kunden auch vorübergehend als Stromspeicher nutzen. Und selbst für die Planung von möglichen Erweiterungen der Energieversorgungsnetze sind präzise Informationen über „Lastflüsse“ von zentraler Bedeutung. „Für all das“, so das Fazit des Netzexperten Untch, „braucht es Daten in Echtzeit und damit moderne digitale Messsysteme.“
Moderne Messeinrichtung oder intelligentes Messsystem – Was ist der Unterschied?
Moderne Messeinrichtungen sind digitale Stromzähler, die den Stromverbrauch besser veranschaulichen als die herkömmlichen schwarzen „Ferraris“-Zähler. Während man bei den Ferraris-Zählern ausschließlich den Zählerstand ablesen kann, können moderne Messeinrichtungen neben dem aktuellen Stromverbrauch auch tages-, wochen-, monats- und jahresbezogene Verbrauchswerte für die letzten 24 Monate anzeigen. Intelligente Messsysteme („Smart Meter“) verfügen zusätzlich über eine Kommunikationseinheit. Dadurch sind sie in der Lage, wichtige Netz- und Verbrauchswerte an den zuständigen Messstellenbetreiber, Netzbetreiber und Stromversorger zu übermitteln. Die Datenübertragung erfolgt verschlüsselt. Weitere Informationen hierzu finden Sie hier.
Geeichte Zähler sorgen für korrekte Abrechnung
Im Zusammenhang mit der Digitalisierung der Energiewende stehen derzeit zwar die „Smart Meter“ im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses. Die MFN ist jedoch keineswegs nur für die Messung des Stromverbrauchs zuständig. Insgesamt sind in ihrem Netzgebiet neben den rund 140.000 Stromzählern auch 46.000 Gaszähler, 25.000 Wasserzähler und 1.400 Fernwärmezähler im Einsatz. „Es gibt in Würzburg kein Haus, in dem nicht mindestens ein Zähler von uns angebracht ist“, betont Jürgen Untch. Es gibt also allerhand zu messen. Aber es ist nicht etwa eine Art von „Messwut“, was die MFN-Beschäftigten bei ihrer täglichen Arbeit antreibt. Es geht vielmehr um etwas Grundsätzliches, von dem beide Seiten profitieren – der Versorger ebenso wie dessen Kundschaft: die korrekte Abrechnung des Verbrauchs. Denn die Hauptaufgabe der Abteilung von Jürgen Untch besteht darin, die Einhaltung des Eichgesetzes sicherzustellen.
Das Eichgesetz dient dem Verbraucherschutz und legt genaue Anforderungen fest, die für Messgeräte einzuhalten sind. Denn nur einwandfrei arbeitende Zähler liefern richtige Messergebnisse. Und nur so können Kundinnen und Kunden sicher sein, dass man ihnen lediglich in Rechnung stellt, was sie tatsächlich an Strom, Gas, Wärme oder Wasser verbraucht haben. Umgekehrt hat auch die WVV ein berechtigtes Interesse daran, die von ihr gelieferte Energie vollständig bezahlt zu bekommen. Die Zähler haben also für ein Versorgungsunternehmen die gleiche Funktion wie die Registrierkasse für den Bäcker oder Metzger. Den acht Beschäftigten der Abteilung Messstellenmanagement obliegt es daher nicht nur, über die Funktionsfähigkeit der von ihnen im Lager bereitgehaltenen oder selbst verbauten Zähler zu wachen. Sie sind auch für die Qualitätskontrolle der zahlreichen externen Dienstleister zuständig, die im Auftrag der MFN bei den Kundinnen und Kunden in ihrem Netzgebiet Zähler setzen.
Die Menschen hinter den Zählern
Wer nun aus diesen Ausführungen über die Bedeutung des Zählens und Messens den Schluss zieht, die Beschäftigten der Abteilung „Messstellenmanagement“ müssten reine „Zahlenmenschen“ sein, könnte kaum falscher liegen. Selbstverständlich gehören ein gewisses technisches Interesse und Verständnis sowie die Offenheit für digitale Medien und Hilfsmittel zum Anforderungsprofil für eine Tätigkeit bei der MFN. Denn das Mess- und Zählerwesen unterliegt einem ständigen technologischen Wandel – vor allem durch die Digitalisierung. Aber mindestens ebenso wichtig ist die Bereitschaft und Fähigkeit, mit sehr unterschiedlichen Menschen umgehen zu können. Denn, wie es im Rheinland durchaus wohlwollend heißt: „Jeder Jeck ist anders!“ Hinter jeder Tür, an der die Mitarbeiter der MFN klingeln, um dort einen Zähler zu setzen oder auszutauschen, wartet ein anderer Mensch. Und Jürgen Untch hat hier einen ganz klaren Anspruch: „Ob Firmenchefin oder Sozialhilfeempfänger, alle sollen gleich freundlich behandelt werden.“ Dass diese Forderung auch erfüllt wird, zeigt die über das Beschwerdemanagement der WVV berechnete Kundenzufriedenheitsquote. Für die Abteilung von Jürgen Untch liegt sie bei ca. 99 Prozent.
Um das zu schaffen, braucht es nicht zuletzt Einfühlungsvermögen, Fingerspitzengefühl, etwas Menschenkenntnis und vor allem eine hohe Kommunikationsfähigkeit. Da aber bekanntlich „noch kein Meister vom Himmel gefallen ist“, begleiten ältere, erfahrene Mitarbeiter ihre neuen Kollegen und Kolleginnen bei ihren ersten Touren und stehen ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Überhaupt wird in der Abteilung alles getan, um ein gutes Betriebsklima zu erzeugen. Denn wenn der Umgang miteinander im eigenen Betrieb angenehm und wertschätzend ist, fällt es auf jeden Fall leichter, auch mit anderen „draußen“ entsprechend umzugehen. „Bei uns soll niemand Angst haben, sich mitzuteilen und aktiv einzubringen – egal ob es sich um Azubis oder altgediente Monteure handelt“, betont Abteilungsleiter Untch. „Es geht darum, eine Atmosphäre zu schaffen, in der man Spaß daran hat, zur Arbeit zu kommen. Das ist für mich als Führungskraft das A und O.“
Apropos „drinnen“ und „draußen“: Zwar ist man bei seiner abwechslungsreichen Tätigkeit für die MFN überwiegend allein unterwegs. Aber dies hat auch den Vorteil, dass man sich seine Arbeit weitgehend selbstständig einteilen kann, im angemessen Umfang Freiheiten genießt und mit einem Dienstwagen ausgestattet ist. Teamgeist wird dennoch großgeschrieben: In der Mittagspause treffen sich stets alle Beschäftigten zum Austausch, und auch Jürgen Untch sieht alle seine Beschäftigten nahezu täglich.
Wer sich für eine Tätigkeit bei der MFN interessiert, informiert sich am besten hier.