Der Beginn des modernen Marketings ist in allen Unternehmen der deutschen Energiewirtschaft deutlich jüngeren Datums. Erst mit der sogenannten „Liberalisierung des Energiemarktes“ ab dem Jahr 1998 ergab sich für Unternehmen der Energiebranche die Notwendigkeit, auf die eigene Marke aufmerksam zu machen. Mit dem am 29. April 1998 in Kraft getretenen „Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts“ begann nämlich die schrittweise Öffnung des Strom- und Gasmarktes für den Wettbewerb. Künftig konnten sich sowohl private als auch gewerbliche Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland ihren Energielieferanten selbst aussuchen und schon bald aus einer Vielzahl von Anbietern und Tarifen frei wählen. Ein „Meilenstein“ in der Entwicklung des deutschen Energiemarktes – und die „Initialzündung“ für den Aufbau von Marketing- und Vertriebsabteilungen in den Energieunternehmen. Denn „Wettbewerb“ bedeutet eben auch: Die (aktuelle und potenzielle) Kundschaft muss von der Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des eigenen Unternehmens überzeugt werden, damit sie sich nicht für einen anderen Anbieter entscheidet.
Von Anfängen mit den „Kleinen“…
Einer, der diese Phase nahezu von Beginn an und bis heute hautnah miterlebt hat, ist Oliver Le Moal. Nach einem vorgeschalteten dreimonatigen Praktikum stieg er im Januar 2003 bereits im Vertrieb-/Marketingbereich der WVV ein und ist dort also inzwischen seit über 20 Jahren tätig. Da hat man einiges zu erzählen. Wie war das zum Beispiel in der absoluten Anfangsphase? Wie unterschied sich das damalige Marketing der WVV von dem heutigen? „Natürlich gab es zu Beginn der Liberalisierung auch bei uns noch kein stark ausdifferenziertes Marketing wie man das heute kennt“, erzählt Le Moal. „Wir waren in Würzburg sozusagen der Platzhirsch, alle kannten uns und man musste folglich noch nicht so intensiv um die Kunden werben.“ Schon seit längerer Zeit hatte es zwar die gedruckte Kundenzeitung gegeben, die aber eher Standardthemen aus dem Energiebereich abhandelte und sich wenig von dem unterschied, was andere Energieversorger machten. „Daneben hatten wir – ähnlich wie die Sparkassen – einen sogenannten „Juniorclub“: Da gab es dann jeden Monat Aktionen wie Ausflüge für die Kinder, Ostereiersuchen, die einzigartigen Halloween-Partys oder eine Nikolausfeier. Man hat also über die Kinder die Kundenbeziehung zu den Erwachsenen aufgebaut. Diese Aktionen zusammen mit einer Kollegin vorzubereiten und durchzuführen, hat mir schon damals sehr viel Spaß gemacht. Das ist wahrscheinlich einer der Gründe, weshalb ich bis heute in diesem Bereich geblieben bin“, lacht der Marketingexperte.
…zu einfallsreichen Aktionen für die „Großen“
Allerdings bemühte man sich auch damals schon zunehmend um die erwachsenen Verbraucherinnen und Verbraucher: Die Eröffnung des Kundenzentrums im Haugerring im Jahr 2003 war ein sichtbares Zeichen für diese verstärkte Kundenorientierung. „In diesem Zusammenhang haben sich auch meine Aufgaben schrittweise erweitert“, berichtet Oliver Le Moal. „Es gab dann fast jeden Monat eine gesonderte Aktion, die wir mit Kolleg/innen vorbereiteten, um die Kunden auf unser Leistungsportfolio und das Kundenzentrum aufmerksam zu machen. Zum Beispiel haben wir dort am Valentinstag Rosen an die Damen verteilt. Und zum Thema Trinkwasser hatten wir mal eine schöne Aktion, bei der man einen Kasten Wasser gegen einen Wassersprudler eintauschen konnte, um so die hervorragende Qualität unseres Trinkwassers ins allgemeine Bewusstsein zu rücken.“
Ein weiterer Höhepunkt des WVV-Marketings in den frühen 2000er Jahren dürfte auch eine Aktionswoche zum Thema „Sicherheit“ in Zusammenarbeit mit der Polizei und der Feuerwehr gewesen sein, die sich speziell mit dem Thema „Türen und Fenstern“ beschäftigte. Und zudem ein gutes Beispiel für konzeptionelle Kreativität im Marketing: „Meine Idee war es, die Polizei und Feuerwehr ins Boot zu holen, weil Türen bzw. Fenster ja nicht nur für den Wärmeschutz eine wichtige Funktion haben, sondern eben auch für die Sicherheit einer Wohnung“, erläutert Marketingspezialist Le Moal. „Da bot es sich also an, den Kunden eine Beratung zu beiden Aspekten an einem Ort zu bieten, indem man einen Energieberater mit einem Polizeiexperten und einem Feuerwehrmann zusammenspannte.“
Ein weiteres prägendes Erlebnis war für ihn die Mainfrankenmesse im Jahr 2005: Neun Tage lang war dort die WVV mit großen Ständen und zahlreichen Aktionen vertreten.
Die Marketingarena: Starke Tiere, berühmte Sportler
Rund 20 Jahre ist das alles her – aber auch in den folgenden beiden Jahrzehnten fehlte es für Oliver Le Moal und seine Kolleginnen und Kollegen aus der Marketingabteilung nicht an Herausforderungen: Das Aufgabenspektrum erweiterte sich – zum Beispiel um das Sponsoring. Das Marketing von Produkten gewann an Bedeutung. Die Anzahl und Bandbreite der Events und Aktionen nahm zu. Nicht wenige der Maßnahmen wurden zu „Standards“, die in gewissen Abständen – mitunter jedes Jahr – wiederholt werden. Wobei Experte Le Moal großen Wert legt auf die Feststellung, dass „Standard“ und „Routine“ im Marketing niemals „banal“, „langweilig“ oder „ewig Dasselbe“ bedeuten dürften. Vielmehr sollte man den Anspruch haben, immer etwas Neues zu bieten, die Menschen positiv zu berühren, ihnen ein emotionales Erlebnis zu bescheren.
Ein absurdes Glanzlicht setzte das WVV-Marketing damals 2004, als die Parkplatzangebote der WVV-Tochter „Würzburger Stadtverkehrs-GmbH“ (SVG) im Rahmen eines Aprilscherzes besser bekannt gemacht werden sollten: Da nahm man unter dem Motto „Park and Ride“ das englische Wort „ride“ für „reiten“ augenzwinkernd beim Wort und stellte Pferdekutschen bereit, um die Autofahrer/innen vom Parkplatz am Alten Hafen in die Innenstadt zu befördern.
Eine weitere Sternstunde des WVV-Marketings – vor allem für Fußballfans – war zweifellos im Sommer 2011, als der frühere brasilianische Nationalspieler und Profi des FC Bayern München, Giovane Élber, als Stargast beim 21. U11-Jugendfußball-Wanderpokal-Turnier der WVV für viele strahlende Kinderaugen sorgte. „Das war natürlich auch für mich etwas ganz Besonderes“, bekennt Oliver Le Moal, „denn es gelingt einem ja nicht alle Tage, dass man einen so prominenten Sportler für eine solche Aktion gewinnen kann.“
Keine Scheu vor neuen Wegen
Auch fehlte nie der Mut, mal etwas ganz Neues auszuprobieren. So wie im Jahr 2017, als man in Kooperation mit einem Hersteller von Smartwatches und Multisportuhren einen neuen Stromtarif einführte, der die Kundinnen und Kunden dazu anregen sollte, etwas für ihre körperliche Fitness zu tun – und gleichzeitig Stromkosten einzusparen. Der „Clou“ dabei: Entschied man sich für den Ökostromtarif „WVV Active“, erhielt man einen hochwertigen Fitness-Tracker – je nach Modell gratis oder stark vergünstigt – dazu, um so die eigenen Bewegungseinheiten zu erfassen. Wer täglich mindestens 5.000 Schritte zurücklegte, konnte sich einen Rabatt von einer Kilowattstunde (kWh) „erlaufen“ und somit jährlich bis zu 365 kWh bei der Stromrechnung einsparen. „Laufend sparen“ – das kam in Würzburg sehr gut an: Schon im ersten Jahr erreichten über 90 Prozent der „WVV Active“-Kunden das tägliche Ziel. Selbst auf den Marathonmessen in München und Frankfurt im Oktober 2017 sorgte das Konzept für Aufsehen und fand sogar im entfernten Stuttgart Nachahmer.
Aber man kann eben auch bei den erwähnten jährlich wiederkehrenden Events mit frischen Ideen neue Akzente setzen. Jüngstes Beispiel: Der „WVV Energie Firmenlauf“ vor zwei Monaten. „Da haben wir uns gegenüber dem Vorjahr etwas Neues einfallen lassen mit der stimmungsvollen Beleuchtung des Sprungturms und von Bäumen auf dem Gelände des Dallenbergbades“, berichtet Oliver Le Moal. „Auch die Nebelmaschine und die stimmungsvolle Musik in dem kleinen Tunnel kurz vor dem Zielbereich war eine Neuerung, um die Läuferinnen und Läufer auf ihren letzten 300 Metern in Richtung Ziel noch mal anzuspornen.“
Kunden verstehen, gewinnen, begeistern und binden: Marketing zählt!
Keine Frage: Wer so lange im Marketing eines Unternehmens tätig war wie Oliver Le Moal, könnte noch stundenlang von spannenden, interessanten, witzigen und Spaß bereitenden Events und Aktionen erzählen. Was man jedoch dabei nicht vergessen sollte: Marketing ist letztlich eine ernste Sache mit einer wichtigen Funktion. Es muss professionell betrieben werden. Denn ohne gelungenes Marketing kann kein Unternehmen dauerhaft am Markt bestehen. 60 Jahre WVV – das bedeutet auch: Mehr als ein Vierteljahrhundert gezieltes und offenkundig erfolgreiches Marketing. Insofern haben auch Oliver Le Moal und seine Kolleginnen und Kollegen einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass es die WVV seit 60 Jahren gibt. Auf die nächsten 60 Jahre!